Im eigenen Unternehmen alles unter Kontrolle zu haben, ist wichtig. Doch manchmal wird das Kontroll-Teufelchen übereifrig. Dann schadet es Ihnen, Ihrem Unternehmen und Ihrem Team.

Was also ist das passende Maß an Kontrolle? Und wie stellen Sie es an, wenn Sie Ihren Kontrollwahn in den Griff bekommen wollen?

Falls Sie mein Podcast-Interview bei Wirtschaft aktuell gehört haben, wissen Sie, dass ich mich dort selbst als kleinen „Kontrollfreak“ geoutet habe.  Wahrscheinlich kennen auch Sie diese Tendenz?

Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass es irgendwie zum Unternehmer-Dasein gehört. Schließlich sind wir Schnelldenker, lösungsorientiert und pragmatisch. Ein Unternehmen oder eine Selbstständigkeit aufzubauen bedeutet vorauszublicken. Wir entwickeln eine klare Vorstellung davon, wie alles laufen soll. Und sind zugleich bereit, alles noch mal umzudrehen, wenn es noch nicht so läuft, wie es soll. Ohne großen Einsatzwillen und hohes Engagement funktioniert das nicht. Und dazu gehört auch, die Dinge unter Kontrolle zu haben.

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ So lautet auch das berühmte Zitat, das auf Lenin zurückgehen soll. Es spiegelt allerdings die Führungshaltung aus dem Industriezeitalter wider. Die ist nicht mehr zeitgemäß. Denn, wie wir heute wissen: Ein Zuviel an Kontrolle schlägt ins Gegenteil um.

Welche negativen Folgen Kontrollwahn haben kann und wie Sie Ihren Kontrollwunsch bändigen, erfahren Sie in diesem Blog-Beitrag.

Wenn es zu viel Kontrollwahn wird

Es ist Ihr Unternehmen, darum wollen Sie über alles Bescheid wissen. Dagegen ist nichts zu sagen, schließlich liegt es in Ihrer Verantwortung. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Ein gewisses Maß an Kontrolle ist nötig, um ein Spitzenunternehmen zu führen.

Trotzdem sollten Sie nicht über alles bestimmen! – Warum?

Vier Gründe, weshalb Sie Ihren Kontrollwahn in den Griff kriegen sollten

Grund #1: Das berühmte Hamsterrad

Wenn alles über Ihren Schreibtisch geht, schaffen Sie sich Ihr eigenes Hamsterrad. Viele Unternehmensinhaber und Selbstständige steigen ein in der Hoffnung, alles selber kontrollieren und schaffen zu können. Doch auch Ihr Tag hat nur 24 Stunden.

Langfristig führt dieser Kontrollwahn zu chronischer Überforderung, Leistungseinbrüchen, Unzufriedenheit und nicht selten in den Burn-out. Keine schöne Aussicht für Sie persönlich …

Grund #2: Kontrollwahn limitiert

Wenn Sie alles bestimmen, kann Ihr Unternehmen zwangsläufig nur so gut werden, wie Sie sind.

Verstehen Sie mich nicht falsch, Sie sind sicher sehr gut, wenn nicht gar herausragend auf Ihrem Gebiet. Andernfalls hätten Sie sich vermutlich gar nicht selbstständig gemacht. Doch, wie gesagt: Auch Ihr Tag hat nur 24 Stunden. Wenn Sie alles selbst machen wollen, setzen Sie dem Wachstumspotenzial Ihres Unternehmens eine schnelle natürliche Grenze.

Zudem ist es nicht möglich, in allen Unternehmensbereichen gleichermaßen brillant zu sein. Überkontrolle verhindert es somit, die Kompetenzen und Fähigkeiten anderer Personen im Unternehmen zu integrieren oder Synergien zu nutzen. Sie bleiben in Ihrem eigenen Saft stecken.

Grund #3: Kontrollwahn demotiviert

Wir Menschen wollen uns einbringen und in unserer Arbeit etwas beitragen. Jetzt noch mehr als früher wünschen sich Mitarbeitende Sinnerfüllung in ihrem Job. Im Grunde suchen sie weniger einen Job als vielmehr eine Aufgabe.

Und genau solche Menschen brauchen Sie für Ihr Unternehmen. Doch diese Menschen brauchen Handlungsspielräume, um ihr Potenzial zu entfalten.

Sie kennen das Gefühl vielleicht, falls sie mal unter einem engmaschig führenden Chef gearbeitet haben: Diese Art der Führung erstickt jede Form des Engagements. Und der Kontrollwahn führt in ein Phänomen, das Martin Seligman, der Begründer der positiven Psychologie, als „Erlernte Hilflosigkeit” bezeichnet hat.

Das Team hört auf, eigenständig zu denken. Es übernimmt keine Verantwortung mehr und verfällt in den „Dienst nach Vorschrift”-Modus. Dieser Zustand kann eine ganze Organisation lahmlegen. Und das vollzieht sich schneller, als Sie denken.

Grund #4: Der Group-Thinking-Effekt

Ich bin mir fast sicher, dass Sie jetzt bereits sehr motiviert sind, Ihr Kontrollbedürfnis zu zügeln. Dennoch möchte ich noch auf einen letzten Aspekt eingehen, der sich als Folge von Überkontrolle einstellt: den Group-Thinking-Effekt.

Groupthink oder Gruppendenken wird definiert als „Denkweise, die dann auftritt, wenn in einer Gruppe das Harmoniebedürfnis bei Entscheidungen stärker ist als die realistische Bewertung von Alternativen“. Den Begriff prägte Irving Janis (1982), der den Entscheidungsfindungsprozess untersuchte, welcher zur Invasion in der Schweinebucht auf Kuba führte.

Janis fand heraus, dass Präsident Kennedy und seine Berater bedingungslos hinter dem Plan standen. Niemand wollte sich dagegenstellen, um das positive Gruppengefühl nicht zu stören. Stillschweigend gingen alle von einer gemeinsamen Übereinkunft aus. Ziemlich gefährliche Kiste …

Für Ihren Unternehmeralltag bedeutet der Group-Thinking-Effekt: Ihnen fehlt es an kontroversen Diskussionen und neuen Perspektiven. Die sind aber wichtig, um Entscheidungen kritisch zu hinterfragen und neue Möglichkeiten zu eröffnen.

All diese Folgen zeigen: Es lohnt sich, Ihren Kontrollwahn in den Griff zu kriegen!

Warnender Hinweis für Solo-Selbssttändige und andere Einzelkämpfer:

Vielleicht vermuten Sie, das Ganze sei kein Problem, solange Sie alleine sind oder nur ein kleines Team haben. Leider muss ich Sie enttäuschen: Auch für Solo-Selbstständige ist diese Tendenz zum Kontrollwahn hinderlich. Denn die Wachstumsgrenze besteht auch für Sie!

Wie Sie Ihren Kontrollwunsch in den Griff kriegen

Der Wunsch nach Kontrolle rührt immer vom Bedürfnis nach Sicherheit her. Es beruhigt Sie, wenn Sie alles unter Kontrolle haben.

Wie wir gesehen haben, gibt es dennoch viele Gründe, die dafür sprechen, nicht nach der totalen Kontrolle zu streben. Wie können Sie das anstellen?

Leider können Sie Ihr Bedürfnis nach Sicherheit nicht einfach umgehen, nur weil Ihnen die genannten Gründe einleuchten. Denn dieses Bedürfnis nach Sicherheit liegt in Ihrem Unterbewusstsein. Und wenn das nicht einverstanden ist, hat ihr Verstand keine Chance. Das Unterbewusstsein wird Ihren Verstand ausstechen und Sie fallen immer wieder in die alten Muster.

Möglicherweise kennen Sie das aus anderen Erfahrungen. Jede und jeder weiß, man soll sich gesund ernähren und ausreichend bewegen. Doch viel zu wenige setzen es tatsächlich um.

Meine eigene und die Erfahrung mit meinen Kunden zeigt: Der Weg, den Kontrollwunsch zu bändigen, besteht darin, eine „Andere machen es eben anders als ich“-Toleranz zu entwickeln. Dabei hilft es, einen klaren Rahmen zu definieren, in dem sich die Dinge in Ihrem Unternehmen abspielen dürfen.

Schritt #1: Definieren Sie einen Handlungsspielraum

Um den Rahmen abzustecken, beschreiben Sie all das, was Sie in Ihrem Kopf haben, wie Ihr Unternehmen sein soll.

Das ist – zugegeben – eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe. Doch bitte beschimpfen Sie mich jetzt nicht sofort. Sie brauchen nicht alles auf einmal aufzuschreiben. Dass Sie es tun, ist allerdings unabdingbar, wenn Sie sich ein eigenverantwortliches Team wünschen. Denn alle in Ihrem Team müssen wissen, wohin sie laufen sollen, wenn Sie „richtig viele PS auf die Straße bringen” wollen. Und, vertrauen Sie mir, das wollen Sie!

Ein Rahmen kann sich beispielsweise aus folgenden Komponenten zusammensetzen:

  • Allen Regeln, die in Ihrem Unternehmen gelten sollen
  • Die Art und Weise, wie Sie im Team miteinander umgehen möchten
  • Die Gesamtheit an Arbeitsabläufen und Prozessen inklusive der entsprechenden Schnittstellen
  • Alle Vorgaben, z. B. wie viele und welche Ressourcen genutzt werden dürfen
  • Ihre Qualitäts- und Sicherheits-Standards und alle Kundenversprechen
  • Die Art, wie Sie mit Ihren Kunden, Lieferanten und Partnern umgehen möchten
  • Ihre Unternehmensziele
  • Ihre allgemeine Erwartungshaltung an alle im Unternehmen
  • Wann und wozu Sie Rückmeldung, Austausch oder Reportings benötigen
  • Und alles, was Ihnen darüber hinaus noch einfällt, das Ihr Team wissen sollte, um jederzeit in Ihrem Sinne zu entscheiden
  • Falls es Sie beruhigt, auch gerne eine Liste mit Ihren No-Gos

Aus all dem ergibt sich ein konkreter Handlungsrahmen, in dem sich jede und jeder frei im Unternehmen bewegen kann.

Als besonders wichtig erachte ich das übergeordnete Ziel und das genaue Kundenversprechen, also Ihre Vision und Ihre Mission.

Sollte dann doch mal etwas geschehen, was nicht in Ihrem Sinne ist, schließen Sie diese Lücke durch eine neue Regel, einen neuen Prozess oder was auch immer für den konkreten Fall sinnvoll ist.

Schritt #2: Vertrauen und Toleranz aufbauen

Steht der allgemeine Handlungsrahmen, geht es im nächsten Schritt an den Aufbau Ihrer „Andere machen es eben anders als ich“-Toleranz. Dazu ist Vertrauen notwendig.

Vertrauen ist keine Einbahnstraße. Und blindes Vertrauen ist sowie nicht zielführend. Darum könnte ein Vorgehen darin bestehen, Ihr Vertrauen schrittweise auszubauen:

  • Vergeben Sie zunächst kleinere Aufträge oder räumen Sie übersichtliche Spielräume ein.
  • Beobachten Sie dann, welche Ergebnisse sich einstellen.
  • Gehen Sie dazu in den Austausch mit der betreffenden Person. Austausch ist in jedem Fall ein entscheidendes Werkzeug.

Das „Kontroll-Teufelchen” beruhigen

Parallel dazu können Sie Ihr Kontroll-Teufelchen, das sich sicher immer mal wieder melden wird, durch ein persönliches Mantra beruhigen. Nehmen Sie es wahr. Versichern sie ihm, dass keine wirkliche Gefahr besteht. Stärken Sie Ihr Vertrauen in sich und Ihr Team.

Ein Satz wie: „Ach, da bist Du ja wieder, liebes Kontroll-Bedürfnis. Es ist alles in Ordnung. Ich weiß, dass XY die Kompetenzen für diese Aufgabe hat. Sie/er kennt den Rahmen, in welchem sie/er sich bewegen darf. Ich vertraue ihr/ihm.“

Das hört sich möglicherweise etwas wunderlich an. Aber auf wunderliche Art zum Ziel kommen ist immer noch besser, als cool im alten Sumpf stecken zu bleiben. Außerdem braucht das ja niemand mitzubekommen.

Fazit

Halten wir noch einmal fest:

Ein gewisses Kontrollbedürfnis steckt sicher in allen von uns. Wenn es jedoch überhandnimmt, behindert es unseren Erfolg – im günstigsten Fall. Im schlimmsten Fall führt es zum Zusammenbruch oder ruiniert uns.

Deshalb ist es für Unternehmer wichtig, den Kontrollwahn in den Griff zu kriegen. Als Gegenstrategie helfen:

  • ein klar abgesteckter Rahmen für Handlungsspielräume
  • eine „Andere machen es eben anders als ich“-Toleranz
  • und eine Methode, um das fiese Kontroll-Teufelchen zu beruhigen

Sind Sie jetzt entschlossen, Ihren Kontrollwahn zu zügeln? Kontaktieren Sie mich, wenn Sie gegen das fiese Kontroll-Teufelchen eine Verbündete brauchen!
Marloes Göke | Beratung unternehmen.
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