Selbstbestimmtes Unternehmertum – Wie Sie die Kontrolle über Ihr Unternehmen zurückgewinnen
Das eigene Unternehmen ist für viele Selbstständige DIE Möglichkeit, die Dinge nach Ihren eigenen Vorstellungen zu tun. Frei sein, niemand redet rein, selber bestimmen. Das sind die Gedanken dahinter. Doch leider stellt sich die Realität sehr schnell ganz anders dar. Ehe sie sich versehen, stecken Selbstständige im Hamsterrad ihres eigenen Unternehmens fest und fragen sich oft: Wie konnte es so weit kommen?
Selbstständigkeit wird nicht ohne Grund oft mit „selbst“ und „ständig“ gleichgesetzt. Zu oft sieht es im Alltag von Selbstständigen genau so aus. Vorgestellt haben sie sich das jedoch völlig anders.
Es stellen sich also die Fragen: Was läuft da falsch? An welcher Stelle hätten sie hellhörig werden müssen? Und: Wie können Selbstständige ihre Selbstbestimmtheit wieder zurückerobern.
Diesen Fragen gehe ich im Folgenden nach.
Was blockiert Ihre Selbstbestimmtheit?
Es ist schon ziemlich widersprüchlich, dass ausgerechnet die Berufsgruppe, die sich mehr nach Freiheit sehnt, als andere, teilweise am anfälligsten dafür sind, in den Teufelskreis der Fremdbestimmung zu geraten. Selbstständige sind von Natur aus freiheitsliebend. Sie haben ihren eigenen Kopf, in dem sich ständig neue Ideen auftun und sind aus tiefer Überzeugung dabei.
Diese Eigenschaften sind unter anderem Grund dafür, dass sie Gefahr laufen, ihre Selbstbestimmtheit einzubüßen.
Schauen wir uns fünf Gefahrenbereiche kurz im Einzelnen an.
1. Hohe Identifizierung mit dem eigenen Unternehmen: „Mein Baby gehört zu mir!“
Selbstständige haben Ihr Unternehmen entweder selber gegründet oder in Familientradition übernommen. Dies führt zu einer hohen emotionalen Bindung. Die Selbstständigkeit ist nicht nur ein Job, den ich auch schnell wieder kündigen kann. Mit dem eigenen Unternehmen ist man viel stärker verflochten. Dies erklärt, weswegen Selbstständige eine viel höhere Schmerzgrenze tolerieren, was die eigene Belastungsgrenze und Zufriedenheit angeht. Demzufolge leiten sie auch viel später konsequent den nötigen Kurswechsel ein.
2. Kontrollwahn: „Zorn. Furcht. Aggressivität. Die Dunklen Seiten der Macht sind sie. Besitz ergreifen sie leicht von dir.“
Selbstständige machen sich häufig mutig auf ins Ungewisse. Wer weiß schon genau, ob die Schnapsidee wirklich zündet und das Angebot auf genügend Nachfrage stößt. Wenn das Angebot dann tatsächlich auf Interesse stößt und die ersten Verkäufe erfolgreich verlaufen, nimmt es sie in den Bann. Sie fangen an, die Dinge zu verbessern, zu perfektionieren und denken sich in alles tief ein. Sie wollen den Erfolg wiederholen, sich den damit verbundenen Lohn und die Anerkennung erneut abholen. Denn das ist ein verdammt gutes Gefühl.
Wächst das Unternehmen und kommen neue Teammitglieder dazu, gilt es, sicherzustellen, dass alle es so machen, wie es auch vorher zum Erfolg geführt hat. Dabei verkennen sie, dass andere auch eine neue Perspektive einbringen, die auch weitere Optimierungen mit sich bringen können. Das Problem, dies hat der oder die Selbstständige jedoch nicht in der Hand. Also wird versucht, die Kontrolle zu behalten, indem alles noch mal überprüft und gegengecheckt wird. Zwangsläufig muss ich als Selbstständige/r dann in allen Bereichen involviert sein. Nichts geht ohne mich. Alles läuft bei mir zusammen.
3. Schnelles Lösungsdenken: „Houston, wir haben ein Problem.“
Selbstständige sind es gewohnt, für alle möglichen Probleme eigenständig Lösungen zu finden. Oft ist diese Eigenschaft schon im Kindesalter ausgeprägt. So wundert es nicht, dass sie schnell mit einer Lösung dabei sind, wenn jemand mit einem Problem zu ihnen kommt. Wenn es sich dabei um das eigene Team handelt, kann dies unglücklicherweise zu einem Phänomen führen, was als ‚erlernte Hilflosigkeit‘ bezeichnet wir und von Martin Seligman erforscht wurde. Das Team hört auf, eigenständig zu denken und selber nach Lösungen zu suchen. Tritt ein Problem auf, laufen sie zu Chef oder Chefin und das Problem wird (für sie) gelöst. So landet immer mehr auf dem eigenen Schreibtisch und alle wollen ständig etwas von einem. Dann wächst der Berg synchron mit dem Team.
4. Der Kunde ist König: „The last King“
Wenn man erfolgreich ein Unternehmen führen will, ist es unumgänglich, einen Mehrwert für die Kundinnen und Kunden zu liefern. Fügt man sich jedoch jedem Sonderwunsch und jeder individuellen Vorstellung, verheddert man sich irgendwann in Einzellösungen. Dann bestimmen die Kundinnen und Kunden über das Unternehmen und damit über mich.
5. Im Tagesgeschäft gefangen sein: „Alles was Du besitzt, besitzt irgendwann Dich“
Das Geschäft muss laufen, das ist unumstritten. Legen Selbstständige den Fokus jedoch zu sehr auf das Tagesgeschäft holt sie das früher oder später ein. Dann fehlt irgendwann der Blick von außen aufs Unternehmen. Dann sind sie so im Unternehmen gefangen, dass ihnen der Blick für neue Chancen, Verbesserungen in den Prozessen und Abläufen oder Entwicklungspotenzialen abhanden kommt. Zwangsläufig kann sich das Unternehmen als solches dann nicht weiterentwickeln und irgendwann nimmt die Qualität ab. An diesem Punkt ist der Blick oft so auf das Tagesgeschäft gerichtet, dass auch ausschließlich dort nach einer Lösung gesucht wird. Der Teufelskreis schließt sich.
Wie können Sie nun verhindern, in diese Gefahrenzonen zu gelangen oder ihnen entkommen, wenn Sie vielleicht schon drin hängen?
Das schauen wir uns nun an.
Wie können Sie zurück zur Selbstbestimmung kommen?
Wie das beim Wunsch nach Veränderungen im Leben allgemein ist, so ist es auch hier: Zunächst ist es erforderlich, selbst die Verantwortung zu übernehmen. Gestehen Sie sich ein, zugelassen zu haben, dass andere über Sie und Ihre Zeit bestimmen.
Fühlt sich nicht so toll an, ich weiß, gehört aber dazu!
Denn solange Sie versuchen, andere dafür verantwortlich zu machen, geben Sie auch die Möglichkeit aus der Hand, daran eigenständig etwas zu ändern.
Wo können Sie nun ansetzen und was können Sie verändern?
Zum einen können Sie noch einmal nach oben scrollen und sich die fünf Gefahrenzonen genauer ansehen. Erkennen Sie sich in einer oder mehreren wieder? Dann drehen Sie das Ganze um. In jeder Gefahrenzonen findet sich auch die Umkehrung.
Im Folgenden möchte ich Ihnen zudem noch ein paar allgemeine Grundsätze mitgeben, die zum Teil ebenfalls bei den Gefahrenzonen ansetzen.
Implementieren Sie ein Frühwarnsystem:
Ganz allgemein gesprochen können Sie als eine Art Frühwarnsystem in regelmäßigen Abständen eine kurze Selbstüberprüfung vornehmen. Suchen Sie dafür einen Zeitpunkt, an dem Sie zumindest etwas Ruhe haben. Das kann der Jahreswechsel sein oder ein Urlaub, aber auch eine Phase im Jahr, in der erfahrungsgemäß etwas Ruhe eintritt. Stellen Sie sich zu diesem Zeitpunkt eine Erinnerung ein, sonst gerät es schnell in Vergessenheit, denn irgendwas ist ja immer zu tun…
Überprüfen Sie dann einfach mit eine paar Fragen an sich selbst, ob alles noch so läuft, wie Sie es sich vorstellen oder wo möglicherweise etwas hakt. Gehen Sie dem dann auf die Spur.
Planen Sie:
Dann gilt: Wer nicht plant, wird verplant! Sorgen Sie also dafür, dass Sie alle wichtigen Dinge in Ihrem Kalender eintragen, sowohl beruflich als auch privat. Und erlauben Sie niemanden uneingeschränkt über Ihre Zeit zu verfügen. Falls Sie Personen im Unternehmen haben, die für Sie Termine vereinbaren, geben Sie diesen einen Rahmen und feste Regeln. Verschaffen Sie sich auch Klarheit über Ihre eigenen Grenzen. Bis wohin wollen Sie gehen und wo ist Stopp? Dies kann sich zum Beispiel auf die Anzahl an Abendterminen oder Reisen beziehen. Aber auch auf wichtige Ereignisse, wie die Geburtstage der Kinder, Jubiläen oder der eigene Geburtstag.
Stärken Sie die Eigenverantwortung in Ihrem Team:
Damit Ihr Unternehmen wachsen kann, ist es unerlässlich, Ihr Team zur Eigenverantwortung zu entwickeln. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Team weiß, in welchem Rahmen es sich eigenständig bewegen und Entscheidungen treffen kann. Definieren Sie dafür Regeln, Abläufe, Prozesse und das zu erzielende Ergebnis. Lernen Sie zudem Fehler Ihres Teams zu tolerieren und analysieren Sie bei Bedarf im Nachgang anstatt im Vorfeld einzugreifen.
Grenzen Sie sich ab:
Dieser Punkt dockt an den Punkt ‚Planung‘ an. In einer grenzenlosen Welt ist es notwendig, die eigenen Grenzen zu kennen und diese auch bewusst zu setzen. Andernfalls können Ihre Mitmenschen diese nicht respektieren.
Und diese Abgrenzung ist auch relevant In Bezug auf Ihre Kunden. Die modernen Kommunikationsmedien machen es kinderleicht, Kontakt aufzunehmen. Insbesondere WhatsApp und Co verleiten dazu, zu jeder Tages- und Nachtzeit mal schnell etwas zu fragen, anstatt selber zu suchen oder nachzudenken. Die Grenzen verschwimmen.
Schotten Sie sich also zu den Zeiten, die Sie zur Regeneration nutzen auch wirklich ab und informieren Sie Ihre Kundinnen und Kunden zu Beginn der Geschäftsbeziehung darüber, wann und über welche Kanäle Sie erreichbar sind. So verhindern Sie Enttäuschung und falsche Erwartungshaltungen.
Sie sehen, alles läuft darauf hinaus, dass Sie selbst sind gefordert sind, klare Vorgaben zu machen, um sich wieder freizuschwimmen und sich anschließend in Selbstdisziplin zu üben, um diese Freiheit auch aufrechtzuerhalten.
Sie wünschen sich Unterstützung dabei, sich Ihre Selbstbestimmtheit zurückzuerobern?
Dann nehmen Sie unverbindlich Kontakt auf:
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